In der Frage eines möglichen AfD-Verbotsverfahrens offenbart sich ein tiefer Riss in der schwarz-roten Koalition. Während SPD-Fraktionschef Matthias Miersch die Debatte weit vorangetrieben sieht und auf eine parteiübergreifende Lösung im Bundestag drängt, mahnt Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) zur Vorsicht – und warnt vor einem juristischen Eigentor.
Miersch spricht aus, was viele im Mitte-Links-Lager denken: Die Entwicklungen rund um die AfD lassen sich nicht mehr aussitzen. Für ihn ist klar, dass ein Verbotsverfahren nicht mehr nur theoretisch diskutiert werden darf – sondern jetzt politisch vorbereitet werden muss, unabhängig von den laufenden Einstufungsverfahren durch den Verfassungsschutz.
Dobrindt hingegen warnt vor einem juristischen Risiko und will die AfD "aus der Mitte heraus wegregieren". Doch genau darin liegt das Problem: Diese politische Mitte ist längst brüchig geworden – nicht zuletzt durch die Normalisierung rechtsextremer Rhetorik im Parlament und auf der Straße. Die CSU-Strategie, die AfD durch politische Konkurrenz zu schwächen, ist bisher nicht aufgegangen – im Gegenteil, sie hat den Rechtsruck in der Gesellschaft nicht verhindert.
Die Zahlen der FAZ-Umfrage sprechen ebenfalls eine klare Sprache: Eine deutliche Mehrheit der befragten Abgeordneten steht einem Verbotsverfahren aufgeschlossen gegenüber. Es fehlt jedoch der Mut zur Entscheidung – besonders in der Union, die zwischen Verantwortung und Taktik schwankt.
Kommentar:
Ein AfD-Verbotsverfahren ist kein Allheilmittel. Aber es ist auch kein Tabu. Wenn die demokratischen Institutionen angesichts einer immer radikaler auftretenden Partei zögern, senden sie ein gefährliches Signal der Schwäche. Wer ernsthaft den Schutz der Demokratie will, muss nicht nur politisch argumentieren – sondern auch juristisch handeln, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Dobrindts Skepsis ist nachvollziehbar, doch auf Dauer hilft kein Zaudern. Die Debatte darf nicht an Taktik scheitern.
OZD
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