Die AfD wird künftig in sechs Bundestagsausschüssen den Vorsitzenden stellen können – darunter zentrale Gremien wie Innen, Haushalt und Finanzen. Was rein rechnerisch korrekt erscheint, wirft inhaltlich schwere Fragen auf. Denn Ausschüsse sind das Rückgrat parlamentarischer Arbeit: Hier wird Gesetzgebung vorbereitet, kontrolliert, gestaltet. Wenn eine Partei mit klar verfassungsfeindlichen Tendenzen – wie es mehrere Landesämter für Verfassungsschutz der AfD attestieren – nun in sicherheits- und haushaltspolitischen Schlüsselbereichen mitlenkt, bekommt das demokratische Gleichgewicht eine bedenkliche Schlagseite.
Die Entscheidung basiert zwar auf einem mathematisch neutralen Verfahren. Doch politische Neutralität darf nicht zur politischen Naivität werden. Wer einer radikalisierten Oppositionsfraktion wie der AfD solch zentrale Funktionen zubilligt, gibt Einfluss ab, ohne inhaltliche Verantwortung einfordern zu können – insbesondere, solange nicht klar ist, welche Personen nominiert werden.
Dass der Bundestag dies nicht offen politisch verhandelt, sondern sich hinter dem Proporz versteckt, zeigt die Dilemmata des Parlamentsbetriebs. Demokratische Spielregeln müssen auch Extreme aushalten können – doch sie dürfen nicht durch sie unterwandert werden. Die Wahl der Vorsitzenden in der kommenden Woche wird ein Lackmustest: für das Parlament, für die Fraktionen – und für den demokratischen Selbstschutz.
OZD
Alle Angaben ohne Gewähr.
Bild: AFP