Ein Kommentar der OZD
Während noch die Trümmer des letzten Drohnenangriffs in Kiew rauchen, fliegen bereits neue Geschosse auf die ukrainische Hauptstadt und andere Städte des Landes. Wohngebiete, Entbindungsstationen, medizinische Einrichtungen: Russland hat längst jede Grenze zwischen militärischem Ziel und zivilem Leben verwischt. Mindestens ein Toter in Odessa, zahlreiche Verletzte in Kiew – es sind Zahlen, die für die ukrainische Bevölkerung Alltag geworden sind. Ein Alltag, der von Terror und Angst bestimmt wird.
Dass diese Angriffe unmittelbar nach den Waffenruhe-Gesprächen in Istanbul stattfinden, entlarvt die ganze Absurdität der russischen Friedensrhetorik. Während Diplomaten am Verhandlungstisch sitzen, setzt das Kreml-Regime seine Strategie der Vernichtung fort – mit hunderten Drohnen, Marschflugkörpern und gezielten Attacken auf die Zivilbevölkerung. Wer noch daran glaubt, mit Putin verhandeln zu können, ignoriert die Realität.
Das Argument, Russland wolle Frieden, ist eine zynische Propagandaformel. Die Wahrheit ist: Dieser Krieg ist gewollt. Er dient einem imperialen Größenwahn, der systematisch auf Leid, Angst und Erpressung setzt. Wenn Präsidentenberater Andrij Jermak davon spricht, dass Russland "nur Schläge und keine vernünftigen Worte versteht", trifft er den Kern der Lage. Leider.
Und was macht der Westen? Halbherzige Sanktionen, verzögerte Waffenlieferungen, diplomatische Floskeln. Es ist höchste Zeit, dass Europa und die USA begreifen: Beschwichtigung verlängert das Leid. Wer den Frieden will, muss ihn verteidigen – und das bedeutet, die Ukraine mit allem auszustatten, was sie zur Abwehr braucht. Sanktionen müssen nicht nur verhängt, sondern auch wirksam durchgesetzt werden. Russland darf keinen Raum mehr haben, seinen Luftkrieg gegen Zivilisten nahezu ungestraft fortzusetzen.
Die vereinbarte Freilassung von schwer verletzten und jungen Kriegsgefangenen ist ein humanitärer Schritt – ja. Doch sie darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass gleichzeitig systematisch Menschenleben zerstört werden. Es ist ein schmutziger Krieg, in dem selbst das Austauschen von Toten zur Verhandlungsmasse wird. Wer darin einen Fortschritt sieht, verwechselt Zynismus mit Diplomatie.
Kiew, Odessa, Charkiw, Lwiw – der Name der nächsten getroffenen Stadt ist nur eine Frage der Zeit. Die einzige Sprache, die Moskau offenbar versteht, ist eine klare Antwort. Diese Antwort muss endlich kommen.
OZD
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Bild: AFP