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Wunschdenken? Pistorius vertraut Trump bei NATO – politische Hoffnung statt sicherer Kurs? (Kommentar)

Trotz schwammiger Aussagen Trumps zur NATO-Beistandspflicht zeigt sich Verteidigungsminister Pistorius unbesorgt – ein riskanter Vertrauensvorschuss in bewegten Zeiten.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius gibt sich demonstrativ gelassen – selbst nach den nebulösen Aussagen von Donald Trump zur NATO-Beistandspflicht nach Artikel 5. Auf die direkte Frage, wie verbindlich diese Verpflichtung für ihn sei, antwortete Trump lediglich, er sei „entschlossen, ihnen zu helfen“. Was nach diplomatischer Unterstützung klingt, bleibt bei genauerer Betrachtung: ausweichend.

Dass Pistorius daraufhin erklärt, er habe „nicht das ganze Zitat gesehen“ und es „beunruhigt ihn nicht besonders“, wirft Fragen auf. Ist das realpolitischer Pragmatismus – oder fahrlässige Beschwichtigung? Wenn selbst der Verteidigungsminister eines NATO-Staates bei einer derart zentralen sicherheitspolitischen Frage auf Interpretationen verweist, ist das ein besorgniserregendes Signal.

Denn Artikel 5 ist das Rückgrat der NATO: der Grundsatz, dass ein Angriff auf ein Mitglied ein Angriff auf alle ist. Seit dem 11. September 2001 wurde er nur einmal aktiviert – damals ohne Auslegungsspielraum. Trumps Antwort („Es gibt zahlreiche Definitionen von Artikel Fünf“) deutet weniger auf Verbindlichkeit als auf politische Dehnbarkeit hin.

In einer Zeit, in der Europa und die NATO vor einer potenziellen Eskalation im Osten stehen, wäre ein klares Bekenntnis der USA zur Bündnistreue essentiell. Pistorius hingegen setzt auf verbalen Goodwill statt klare Bedingungen. Dass er zugleich neue Rüstungs- und Verteidigungsziele von fünf Prozent des BIP als „Einsicht“ und nicht als Konzession an die USA bezeichnet, mag strategisch klug klingen – doch die Nähe zur Wunschvorstellung ist offensichtlich.

Realistisch betrachtet: Verteidigungsfähigkeit und Abschreckung sind nicht nur eine Frage der Panzeranzahl, sondern des politischen Rückhalts. Wenn dieser von einem US-Präsidenten abhängt, der internationale Bündnisse wie Geschäftsverträge behandelt, darf Europa sich nicht mit freundlichen Andeutungen zufriedengeben.

OZD


Alle Angaben ohne Gewähr.

Bild: AFP