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Türkischer Sexualstraftäter darf trotz Psychose in die Türkei abgeschoben werden

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat entschieden, dass ein verurteilter Sexualstraftäter trotz einer diagnostizierten Psychose in die Türkei abgeschoben werden darf. Der Schutz der öffentlichen Sicherheit wiegt nach Ansicht des Gerichts schwerer als die persönlichen Interessen des Mannes.

Ein verurteilter Sexualstraftäter, der seit Jahrzehnten in Deutschland lebt und an einer Psychose leidet, soll trotz seiner schweren Erkrankung in die Türkei abgeschoben werden – das hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf jetzt entschieden. Der Fall sorgt für Aufsehen, denn der Mann, der wegen jahrelangen Missbrauchs seiner minderjährigen Stieftochter im Gefängnis sitzt, hatte gehofft, durch seine Krankheit in Deutschland bleiben zu dürfen.

Doch das Gericht sieht das anders: Die Richter betonen, dass von dem Mann auch nach seiner Haftentlassung eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehe. Selbst eine elektronische Fußfessel, die er nach der Entlassung tragen müsste, ändere daran nichts. Die Sicherheit der Bevölkerung wiege in diesem Fall schwerer als die persönlichen Interessen des Mannes und seiner Familie, so das Gericht.

Besonders brisant: Der Mann lebt seit rund 30 Jahren rechtmäßig in Deutschland, verweigert aber eine konsequente Behandlung seiner Psychose. Das Gericht argumentiert, dass eine Therapie auch in der Türkei möglich sei – und sieht daher keinen Grund, die Abschiebung zu stoppen. Für den Mann bedeutet das nicht nur die Rückkehr in ein Land, das er seit Jahrzehnten nicht mehr als Heimat kennt, sondern auch ein zehnjähriges Einreise- und Aufenthaltsverbot für Deutschland.

Ob die Abschiebung tatsächlich noch während seiner Haftzeit erfolgen kann, hängt nun davon ab, ob die türkischen Behörden die nötigen Papiere ausstellen. Der Fall ist damit noch nicht endgültig entschieden: Der Mann kann Beschwerde einlegen, dann müsste das Oberverwaltungsgericht Münster erneut über sein Schicksal befinden.

Das Urteil zeigt eindrucksvoll, wie schwierig die Balance zwischen dem Schutz der Gesellschaft und den Rechten Einzelner sein kann – und wie sehr Einzelfälle wie dieser die öffentliche Debatte über Abschiebungen prägen.


OZD-Kommentar

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zeigt, wie hoch der Schutz der öffentlichen Sicherheit im deutschen Ausländerrecht gewichtet wird. Selbst schwerwiegende gesundheitliche Gründe können im Einzelfall hinter dem Interesse der Gesellschaft zurückstehen, wenn von einer Person weiterhin eine erhebliche Gefahr ausgeht. Die Entscheidung verdeutlicht auch, dass Gerichte eine Abschiebung nicht allein wegen einer psychischen Erkrankung verhindern, solange eine Behandlung im Herkunftsland möglich erscheint. Für Betroffene und ihre Familien ist das oft ein harter Einschnitt, für die Gesellschaft aber ein Signal, dass Straftäter auch nach langen Aufenthalten in Deutschland ausgewiesen werden können, wenn sie eine Gefahr darstellen.


OZD-Analyse

Die Entscheidung unterstreicht die strengen Maßstäbe, die bei der Abwägung zwischen individuellem Schutz und öffentlicher Sicherheit angelegt werden. Sie macht deutlich, dass selbst langjähriger Aufenthalt und familiäre Bindungen nicht vor einer Abschiebung schützen, wenn schwere Straftaten und eine anhaltende Gefährdung vorliegen. Die Möglichkeit, eine Therapie im Herkunftsland fortzusetzen, spielt dabei eine zentrale Rolle. Das Urteil könnte ähnliche Fälle künftig beeinflussen und die Position der Behörden bei der Durchsetzung von Ausweisungen stärken.



Erklärungen

Abschiebung: Zwangsweise Rückführung einer ausländischen Person in ihr Herkunftsland nach Ausweisung.

Das Gericht rechtfertigt die Abschiebung des Sexualstraftäters trotz seiner Psychose damit, dass von ihm weiterhin eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Düsseldorf wiegt dieses Grundinteresse der deutschen Gesellschaft schwerer als die persönlichen Interessen des Mannes und seiner Familie. Besonders relevant war für das Gericht, dass der Mann eine Behandlung seiner Psychose in Deutschland weitgehend verweigert hat und eine Therapie auch in der Türkei möglich ist. Die Abschiebung sei daher trotz der psychischen Erkrankung zulässig, solange im Zielstaat eine Behandlung grundsätzlich verfügbar ist. Das Gericht betont damit die Abwägung zwischen dem Schutz der Allgemeinheit und den individuellen Rechten des Ausländers – in diesem Fall fiel die Entscheidung zugunsten der öffentlichen Sicherheit aus


Was ist eigentlich eine Psychose? 

Psychose: Schwere psychische Erkrankung, die das Denken, Fühlen und Wahrnehmen beeinträchtigen kann.

Eine Psychose ist eine schwere psychische Störung, bei der das Denken, Fühlen und Wahrnehmen der betroffenen Person stark beeinträchtigt sind. Menschen mit einer Psychose verlieren zeitweise den Bezug zur Realität. Sie nehmen Dinge wahr oder glauben an Vorstellungen, die für andere nicht nachvollziehbar sind.

Typische Merkmale einer Psychose sind:

Betroffene können sehr ängstlich, misstrauisch oder verwirrt wirken.

Psychosen können verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel:

(z.B. Hirnentzündungen)

Psychosen sind behandelbar, meist mit Medikamenten (Antipsychotika) und Psychotherapie. Eine frühzeitige Behandlung verbessert die Prognose deutlich. Während einer akuten Psychose ist die betroffene Person oft nicht in der Lage, ihre Krankheit selbst zu erkennen oder sich Hilfe zu suchen.

- Falsche Überzeugungen, die von der Realität abweichen, zum Beispiel das Gefühl, verfolgt oder bedroht zu werden.

- Wahrnehmungen ohne äußeren Reiz, meist Stimmenhören oder das Sehen von Dingen, die nicht da sind.

- Die Gedanken können sprunghaft oder unlogisch sein, das Sprechen wirkt für Außenstehende oft verworren. (häufigste Form der Psychose) mit psychotischen Symptomen


Elektronische Fußfessel: Überwachungsmaßnahme zur Kontrolle des Aufenthaltsorts entlassener Straftäter.

Eilantrag: Schnelles gerichtliches Verfahren, um eine Abschiebung oder andere Maßnahmen vorläufig zu stoppen.


Biographien und Institutionen

Verwaltungsgericht Düsseldorf: Zuständiges Gericht für ausländerrechtliche Entscheidungen im Raum Düsseldorf.

Stadt Moers: Behörde, die die Ausweisung und Abschiebung beantragt hat.

Oberverwaltungsgericht Münster: Höhere Instanz für Beschwerden gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild dpa


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