Berlin/Paris/London – Die europäischen E3-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben sich in einem gemeinsamen Brief an UN-Generalsekretär António Guterres bereit erklärt, im Streit um das iranische Atomprogramm den Snapback-Mechanismus zu aktivieren. Der von Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU), seinem französischen Amtskollegen Jean-Noël Barrot und dem britischen Außenminister David Lammy unterzeichnete Brief lag AFP am Mittwoch vor.
Darin betonen die Außenminister, sie hätten „klar zum Ausdruck gebracht“, dass sie bereit seien, die Sanktionen wieder einzusetzen, wenn es bis Ende August keine diplomatische Einigung gebe. Zugleich bekräftigten sie ihr Ziel, eine „uneingeschränkt diplomatische Lösung“ anzustreben, um zu verhindern, dass der Iran eine Atomwaffe entwickelt.
Atomgespräche unter Zeitdruck
Erst Ende Juli hatten die E3 erstmals seit den israelisch-amerikanischen Angriffen auf iranische Atomanlagen im Juni wieder direkte Gespräche mit Teheran geführt. Hintergrund ist der im Oktober auslaufende Snapback-Mechanismus – ein Verfahren, das erlaubt, aufgehobene Sanktionen automatisch wieder in Kraft zu setzen, falls eine Vertragspartei gegen die Bedingungen des Atomabkommens verstößt.
Eskalation im Sommer
Die jüngste Gesprächsrunde findet vor dem Hintergrund einer dramatischen Eskalation statt: Am 13. Juni startete Israel einen Großangriff auf den Iran, gezielt gegen Atom- und Militäranlagen. Der Iran reagierte mit Raketen- und Drohnenangriffen auf Israel. Die USA griffen daraufhin an der Seite Israels in den Krieg ein und bombardierten zentrale iranische Atomanlagen in Fordo, Natans und Isfahan. Nach zwölf Tagen endete der Konflikt am 24. Juni mit einer Waffenruhe.
Israel begründete sein Vorgehen mit der Absicht, den Iran am Bau einer Atombombe zu hindern. Teheran weist diese Absicht weiterhin entschieden zurück.
Hintergrund des Atomabkommens
Das Atomabkommen von 2015 zwischen den E3, den USA, Russland, China und dem Iran sollte Teheran am Bau einer Atombombe hindern. Nach dem Ausstieg der USA unter Donald Trump 2018 und der Wiedereinführung massiver Sanktionen zog sich der Iran schrittweise aus seinen Verpflichtungen zurück und erhöhte den Grad der Urananreicherung.
Analyse (OZD)
Das Schreiben der E3 ist sowohl Warnsignal als auch diplomatische Einladung. Es macht deutlich, dass die europäischen Staaten einerseits bereit sind, harte wirtschaftliche Maßnahmen zu reaktivieren, andererseits aber den diplomatischen Kanal bewusst offenlassen. Der Zeitdruck ist real: Mit dem Auslaufen des Snapback-Mechanismus im Oktober könnte ein zentrales Druckmittel verschwinden. Die Eskalation im Juni hat zudem das Vertrauen zwischen den Konfliktparteien weiter untergraben, was den Verhandlungsspielraum zusätzlich einengt. Für Teheran stellt sich nun die Frage, ob eine begrenzte Einigung den ökonomischen Druck mindern kann – oder ob es auf Konfrontation setzt.
OZD
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Bild: AFP