Über hundert internationale Hilfsorganisationen, darunter Oxfam und Ärzte ohne Grenzen, haben Israel vorgeworfen, den Zugang zu humanitärer Hilfe für die Menschen im Gazastreifen durch neue Vorschriften massiv einzuschränken. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es am Donnerstag, Anträge zahlreicher Organisationen seien zuletzt mit der Begründung abgelehnt worden, diese seien „nicht zur Lieferung von Hilfsgütern berechtigt“.
Oxfam berichtete, allein im Juli seien Hilfsgüter im Wert von 2,5 Millionen Dollar – darunter Lebensmittel – nicht in den Gazastreifen gelangt. Die Organisation Care erklärte, seit März keine Genehmigung mehr für Hilfslieferungen erhalten zu haben. Anera sprach von blockierten Hilfsgütern im Wert von mehreren Millionen Dollar im israelischen Hafen Aschdod.
Die israelische Regierung hatte im März neue Regeln für ausländische Hilfsorganisationen erlassen, die mit palästinensischen Behörden zusammenarbeiten. Diese sehen vor, dass eine Registrierung verweigert werden kann, wenn eine Organisation aus Sicht der Behörden den demokratischen Charakter Israels leugnet oder Kampagnen zur Delegitimierung des Landes unterstützt. Der Minister für Diaspora-Angelegenheiten, Amichai Chikli, verteidigte die Vorschriften mit dem Hinweis, viele NGOs dienten als Deckmantel für „feindselige und teils gewalttätige Aktivitäten“.
Hilfsorganisationen warnen, die neuen Hürden hätten gravierende Folgen. „Seit der vollständigen Abriegelung am 2. März konnten wir keine unserer vorbereiteten Hilfsgüter im Wert von 1,5 Millionen US-Dollar nach Gaza liefern“, erklärte Jolien Veldwijk von Care Palästina. Die Zivilbevölkerung bleibe ohne dringend benötigte Lebensmittel, Medikamente und Schutzmaßnahmen.
Israel hatte Anfang März eine umfassende Blockade für Hilfslieferungen verhängt und diese Ende Mai teilweise aufgehoben. Seither verteilt die umstrittene, von den USA unterstützte Stiftung GHF Lebensmittel und Hilfsgüter, nachdem sie UN-Organisationen als Hauptverteiler abgelöst hat. Rund um GHF-Standorte kam es jedoch mehrfach zu tödlichen Zwischenfällen. Laut UN wurden bis Ende Juli mindestens 1373 Menschen getötet, während sie Hilfe suchten oder entgegennahmen.
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas dauert inzwischen seit 22 Monaten an. Ausgelöst wurde er durch den Großangriff der Hamas am 7. Oktober 2023, bei dem mehr als 1200 Menschen getötet und 251 als Geiseln verschleppt wurden. Seitdem führt Israel eine massive Militäroffensive im Gazastreifen durch. Nach Angaben der Hamas-Behörden, die nicht unabhängig überprüft werden können, sind seither mehr als 61.700 Menschen getötet worden.
OZD
OZD-Kommentar:
Die neue israelische Regelung trifft nicht die Hamas – sie trifft vor allem die Schwächsten. Wer Lebensmittel, Medikamente und Wasser blockiert, verschärft eine humanitäre Katastrophe, die längst außer Kontrolle geraten ist. Sicherheitsargumente mögen für einzelne Fälle berechtigt sein, doch eine pauschale Hürde für Dutzende etablierte Hilfsorganisationen wirkt wie ein politisches Druckmittel. Gleichzeitig nutzt Israel mit der GHF eine Verteilerstruktur, die international hoch umstritten ist und bei der wiederholt Zivilisten zu Tode kamen. Die Folge: Ein Teufelskreis aus Misstrauen, Leid und wachsendem Zorn – mit unkalkulierbaren politischen Folgen in der gesamten Region.
OZD-Analyse:
Kern der Vorwürfe
a) NGOs beklagen systematische Ablehnung von Hilfsanträgen.
b) Blockierte Hilfsgüter im Millionenwert.
c) Vorwurf: Politisch motivierte Hürden statt reine Sicherheitsprüfung.
Israels Begründung
a) Schutz vor missbräuchlicher Nutzung von Hilfen.
b) Verdacht auf Verbindungen zu feindseligen Gruppen.
c) Einsatz der GHF als alternative Verteilerstruktur.
Humanitäre Folgen
a) Verschärfung der Notlage im Gazastreifen.
b) Tote bei Verteilaktionen.
c) Verlust von Vertrauen in internationale Hilfsmechanismen.
Politischer Kontext
a) Krieg dauert seit Oktober 2023 an.
b) Eskalation der humanitären Krise.
c) Internationale Kritik an Israels Kriegsführung und Blockadepolitik.
Was ist die GHF?
Die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) ist eine von den USA unterstützte Organisation, die seit Mai 2025 die Hauptverantwortung für die Verteilung von Lebensmitteln und Hilfsgütern im Gazastreifen trägt. Sie ersetzte mehrere UN-Organisationen, die diese Aufgabe zuvor übernommen hatten. Die GHF ist international umstritten, da es bei Hilfsverteilungen wiederholt zu tödlichen Zwischenfällen kam. Israel sieht in der GHF eine Möglichkeit, Hilfsgüter gezielter und sicherer zu verteilen, Kritiker befürchten jedoch, dass die Organisation als politisches Instrument eingesetzt wird.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.