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Vor dem Gipfel: Moskau lobt US-Bemühungen

Kurz vor dem Gipfel zwischen Donald Trump und Wladimir Putin wächst die Spannung: Während Moskau die US-Bemühungen für eine Waffenruhe in der Ukraine lobt, warnen Kiew und europäische Partner vor faulen Kompromissen.

Einen Tag vor dem mit Spannung erwarteten Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin laufen die diplomatischen Vorbereitungen auf Hochtouren. Das Treffen ist für Freitag auf dem US-Militärstützpunkt Elmendorf-Richardson in Anchorage, Alaska, angesetzt. Nach Angaben aus Moskau soll es um 11.30 Uhr Ortszeit (21.30 Uhr MESZ) beginnen, gefolgt von einer gemeinsamen Pressekonferenz.

„Es ist vermutlich für alle offensichtlich, dass das zentrale Thema die Beilegung der Ukraine-Krise sein wird“, erklärte Kreml-Berater Juri Uschakow. Zunächst sollen Trump und Putin unter vier Augen mit Übersetzern sprechen, bevor die Delegationen beider Seiten und Fachleute zu vertieften Verhandlungen hinzukommen. Putin selbst lobte die „energischen und aufrichtigen Anstrengungen“ der US-Regierung, eine Lösung zu finden, die „alle beteiligten Parteien zufriedenstellt“.

Trump deutete am Mittwoch an, bei einem erfolgreichen Verlauf könne es ein zweites Treffen geben – möglicherweise unter Einbeziehung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Andernfalls werde es kein weiteres Gespräch geben. Selenskyj selbst reiste am Donnerstag nach London, um mit Premierminister Keir Starmer zu beraten, nachdem er am Vortag Kanzler Friedrich Merz in Berlin getroffen hatte. Gemeinsam mit anderen europäischen Staats- und Regierungschefs tauschten sie sich in einer Videoschalte mit Trump aus.

Die von Deutschland, Frankreich und Großbritannien angeführte „Koalition der Willigen“ bekräftigte, dass ein Waffenstillstand zwingende Voraussetzung für Gespräche über einen dauerhaften Frieden sei. Zudem forderten sie Sicherheitsgarantien für die Ukraine, die Ablehnung einer völkerrechtlichen Anerkennung russisch besetzter Gebiete und schärfere Sanktionen im Falle einer erneuten Ablehnung durch Putin.

Parallel zu den diplomatischen Bemühungen setzten sich die Kämpfe fort: Russland und die Ukraine tauschten am Donnerstag erneut jeweils 84 gefangene Soldaten aus, vermittelt durch die Vereinigten Arabischen Emirate. Die russische Armee meldete Geländegewinne in der Region Donezk, während im Süden Russlands nach Behördenangaben 13 Menschen bei einem ukrainischen Drohnenangriff in Rostow am Don getötet wurden.

Moskau fordert für eine Waffenruhe die Abtretung der Regionen Saporischschja, Donezk, Luhansk, Cherson sowie der Krim und den Verzicht der Ukraine auf westliche Militärhilfe und einen Nato-Beitritt. Kiew weist diese Bedingungen als unannehmbar zurück und pocht auf westliche Sicherheitsgarantien.

OZD 


OZD-Kommentar:
Das Treffen in Alaska ist ein diplomatischer Balanceakt – und die Gefahr ist groß, dass es zu einem Deal kommt, der die Ukraine schwächt. Putins Lob für Trumps „aufrichtige Bemühungen“ klingt weniger nach Kompliment als nach Erwartungshaltung. Wer glaubt, dass der Kreml ohne substanziellen Gewinn einer Waffenruhe zustimmt, irrt. Für die Ukraine ist die Lage brisant: Ein Waffenstillstand zu Putins Bedingungen würde faktisch die russischen Eroberungen festschreiben. Europa muss daher wachsam bleiben – sonst könnte der Gipfel das Vorspiel zu einem politischen Diktat werden, das langfristig mehr Unruhe als Frieden bringt.


OZD-Analyse:

Bedeutung des Gipfels
a) Erstes direktes Treffen seit Trumps Amtsantritt.
b) Fokus auf Ukraine-Konflikt und mögliche Waffenruhe.
c) Symbolische Signalwirkung für künftige US-Russland-Beziehungen.

Positionen der Beteiligten
a) Russland: Forderung nach Gebietsabtretungen und Neutralität der Ukraine.
b) USA: Interesse an rascher Waffenruhe, jedoch unklarer Kurs zu Kiews Bedingungen.
c) Ukraine und EU: Ablehnung jeder Lösung, die territoriale Verluste festschreibt.

Risiken eines Schnellkompromisses
a) Gefahr einer geopolitischen Schwächung der Ukraine.
b) Potenzieller Bruch zwischen westlichen Partnern.
c) Präzedenzfall für künftige territoriale Aggressionen.

Militärische Lage
a) Fortgesetzte russische Offensive in Donezk.
b) Drohnenangriffe beider Seiten.
c) Fortdauernde Gefangenen- und Gefechtsaustausche als diplomatisches Begleitmoment.


Die Sicht Russlands? 

Wladimir Putin betrachtet den Krieg in der Ukraine als eine notwendige Verteidigungsmaßnahme gegen den Westen, insbesondere gegen die NATO. Er behauptet, Russland sei durch die Osterweiterung der NATO bedroht und müsse sich schützen. In seiner Rede zur Invasion berief er sich auf Artikel 51 der UN-Charta, der das Recht auf Selbstverteidigung regelt – eine Argumentation, die international als völkerrechtswidrig zurückgewiesen wurde.

Ideologisch rechtfertigt Putin den Krieg mit historischen und kulturellen Narrativen. Er behauptet, die Ukraine sei kein eigenständiger Staat, sondern historisch Teil Russlands. Zudem spricht er von einem angeblichen Genozid an russischsprachigen Menschen im Donbass, den Russland verhindern müsse – ein Vorwurf, für den es keine unabhängigen Belege gibt.

Putins Rhetorik ist stark propagandistisch geprägt. Laut dem Literaturwissenschaftler Riccardo Nicolosi sind seine Reden programmatische Texte, die die staatliche Propaganda prägen. Putin vermischt Sprache, Ethnie und Staatsangehörigkeit: Wer Russisch spricht, gilt für ihn als potenzieller russischer Bürger.



Versprechen Russlands? 

Bruch internationaler Abkommen mit der Ukraine Putin hat mehrfach gegen Vereinbarungen verstoßen, die die territoriale Integrität der Ukraine garantieren sollten:

Budapester Memorandum (1994): Russland versprach, die Grenzen der Ukraine zu respektieren und keine Gewalt anzuwenden. Der Einmarsch auf der Krim 2014 verletzte dieses Abkommen.

Freundschaftsvertrag mit der Ukraine (1997): Russland bestätigte die Unverletzlichkeit der ukrainischen Grenzen – ebenfalls gebrochen.

Waffenstillstandsabkommen in Ilowajsk (2014): Russland versprach einen sicheren Abzug ukrainischer Truppen, eröffnete stattdessen das Feuer und tötete hunderte Soldaten

Putin behauptet, der Westen habe versprochen, die NATO nicht zu erweitern – ein Versprechen, das nie schriftlich festgehalten wurde und von westlichen Diplomaten bestritten wird.

Er betont regelmäßig, Russland wolle Frieden, während gleichzeitig militärische Eskalationen stattfinden. 

Putins Glaubwürdigkeit ist sowohl innenpolitisch als auch international stark beschädigt. Viele seiner Aussagen und Versprechen stehen im Widerspruch zu seinem Handeln. Das bedeutet nicht, dass alles, was er sagt, falsch ist – aber es gibt gute Gründe, seine Worte kritisch zu hinterfragen.



Wer ist Juri Uschakow?
Juri Wiktorowitsch Uschakow ist ein russischer Diplomat und enger außenpolitischer Berater von Präsident Wladimir Putin. Zuvor war er von 1998 bis 2008 Botschafter Russlands in den USA und spielte eine Schlüsselrolle bei bilateralen Verhandlungen. Uschakow gilt als erfahrener Stratege im diplomatischen Dienst und steht für eine Mischung aus pragmatischer Gesprächsführung und harter Interessensvertretung Moskaus.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.