Es war ein Satz, der den Saal der UN-Vollversammlung in New York erschütterte: „Frankreich erkennt heute den Staat Palästina an“, erklärte Emmanuel Macron am Montag. Mitten im tobenden Gaza-Krieg vollzieht Frankreich damit einen Schritt, den viele als historisch bezeichnen. Der Präsident betonte: Dies geschehe „für den Frieden zwischen dem israelischen und dem palästinensischen Volk“.
Die Worte fielen bei einer von Frankreich und Saudi-Arabien geleiteten Konferenz zur Zwei-Staaten-Lösung. Macron zeichnete ein dramatisches Bild der Gegenwart: „Wir sind hier, weil die Zeit gekommen ist.“ Er sprach von den 48 Geiseln, die noch immer von der Hamas festgehalten werden, und von der Notwendigkeit, „den Krieg, die Bombardierungen in Gaza, die Massaker und die Flucht der Bevölkerung zu beenden“. Seine Botschaft war klar: „Die Zeit des Friedens sei gekommen, denn: Wir stehen kurz davor, diese Chance zu verpassen.“
Während Macron appellierte, die Gewalt zu stoppen, forderte Saudi-Arabiens Außenminister Prinz Faisal bin Farhan die Staatengemeinschaft auf, dem Beispiel Frankreichs zu folgen: „Wir rufen alle anderen Länder dazu auf, einen ähnlichen historischen Schritt zu tun.“ Schon am Sonntag hatten Großbritannien, Kanada, Australien und Portugal einen Palästinenserstaat anerkannt.
Doch so stark die Worte auch klangen – die Realität im Nahen Osten ist brutal. Seit dem Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023 und der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen sind Tausende Menschen gestorben. Die Vision einer friedlichen Koexistenz von zwei Staaten wirkt ferner denn je. Umso bemerkenswerter ist der Schritt Frankreichs, der dem ins Stocken geratenen Friedensprozess neue Dynamik verleihen soll.
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OZD-Kommentar
Macrons Entscheidung ist mutig, aber auch riskant. Frankreich setzt ein Zeichen, das weltweit beachtet wird – und das Israel in Rage bringen dürfte. Die Anerkennung Palästinas inmitten eines Krieges kann als diplomatischer Befreiungsschlag gesehen werden, birgt jedoch gewaltige Sprengkraft. Der Konflikt könnte sich verschärfen, weil radikale Kräfte diesen Schritt als Provokation interpretieren. Die Prognose ist klar: In den kommenden Monaten wird der Druck auf die USA und Deutschland steigen – sie können sich einer Entscheidung über die Anerkennung Palästinas nicht mehr lange entziehen.
Lesermeinungen
„Endlich zeigt ein europäisches Land Mut. Ohne Druck bewegt sich im Nahostkonflikt nichts.“ – Karin Hoffmann
„Ein reiner Symbolakt. Solange Hamas und Netanjahu so agieren, wird es keinen Frieden geben.“ – Tobias Mertens
„Frankreichs Entscheidung ist ein historischer Moment, aber auch ein gefährliches Spiel mit dem Feuer.“ – Michael Möller
OZD-Analyse
Macrons Schritt
Frankreich erkennt als erstes großes EU-Land Palästina offiziell an. Das ist ein Signal, das sowohl in Europa als auch im Nahen Osten für Aufsehen sorgt.
a) Macron will damit Frankreich als Friedensmacht positionieren.
b) Der Schritt erfolgt bewusst während des Gaza-Krieges, um Druck zu erzeugen.
c) Frankreich hofft, andere westliche Länder mitzureißen.
Internationale Reaktionen
Mehrere Länder wie Großbritannien, Kanada und Australien sind bereits vorgeprescht. Saudi-Arabien fordert Nachahmung.
a) Israel dürfte empört reagieren und mit diplomatischen Gegenmaßnahmen drohen.
b) Die USA werden weiter zögern – eine Anerkennung ist dort innenpolitisch heikel.
c) Deutschland steht vor einem Dilemma zwischen Solidarität mit Israel und internationalem Druck.
Auswirkungen auf den Friedensprozess
Die Anerkennung Palästinas schafft Fakten, doch sie garantiert keinen Frieden.
a) Ohne Waffenruhe und politische Reformen bleibt die Zwei-Staaten-Lösung eine ferne Vision.
b) Radikale Kräfte wie Hamas oder ultrarechte israelische Gruppen könnten die Entwicklung torpedieren.
c) Dennoch ist die symbolische Bedeutung enorm – sie zwingt beide Seiten, die Friedensoption neu zu bedenken.
Am Ende steht eine klare Prognose: Sollte sich in den kommenden Monaten eine Koalition westlicher Staaten zur Anerkennung Palästinas formieren, wird dies die internationale Diplomatie verändern. Doch wenn gleichzeitig die Gewalt eskaliert, könnte Macrons Initiative als letzte große Chance in Blut und Trümmern enden.
OZD-Erklärung
Wer ist Emmanuel Macron?
Emmanuel Macron, geboren 1977 in Amiens, ist seit 2017 Präsident Frankreichs. Er stammt aus der politischen Mitte, gründete die Bewegung „La République en Marche“ und setzte auf Reformen im Inneren wie eine stärkere Rolle Frankreichs in der EU und auf der Weltbühne.
Was ist die Zwei-Staaten-Lösung?
Die Zwei-Staaten-Lösung bezeichnet die Vision eines unabhängigen Palästinenserstaates neben Israel. Sie wurde seit den 1990er-Jahren in verschiedenen Abkommen angestrebt, jedoch nie umgesetzt. Zentral sind sichere Grenzen für Israel sowie ein souveräner Staat für die Palästinenser mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.
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Titelbild: AFP.