Die Drohnenbedrohung ist real – und sie hat nun auch Schleswig-Holstein erreicht. In der Nacht zum Freitag wurden mehrere Drohnenüberflüge gemeldet. Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) versicherte zwar, es gebe „keine veränderte Sicherheitslage“. Doch die Alarmstimmung wächst.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) will reagieren – und zwar mit einem neuen Gesetz. Laut „Bild“-Zeitung soll die Bundeswehr künftig unter klar definierten Bedingungen Drohnen über deutschem Gebiet abschießen dürfen. „Es gibt nicht nur eine Zeitenwende bei der militärischen Sicherheit, sondern auch beim Zivilschutz und dem Bevölkerungsschutz insgesamt“, sagte Dobrindt der „Rheinischen Post“. Deshalb brauche es „klare rechtliche Rahmenbedingungen“. Konkret will er das Luftsicherheitsgesetz ändern, damit die Bundeswehr der Polizei im Innern „Amtshilfe leisten darf – gerade bei Drohnenabwehr-Einsätzen“.
Demnach soll der Einsatz von Waffengewalt erlaubt werden, wenn von einer Drohne eine akute Gefahr für Menschenleben oder kritische Infrastruktur ausgeht und andere Abwehrmaßnahmen nicht ausreichen. In solchen Krisen soll das Verteidigungsministerium entscheiden.
Zugleich will Dobrindt Kompetenzen bündeln: „Mein Ziel ist, ein deutsches Drohnen-Kompetenzzentrum aufzubauen, in dem Bund, Länder und Bundeswehr vernetzt sind.“ Deutschland arbeite dazu auch mit Israel an einem Forschungsprojekt.
Doch die Pläne sind umstritten. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wehrt sich: „Im Falle der Drohnenabwehr über kritischer Infrastruktur in Deutschland muss die Politik endlich die Bundespolizei, aber auch alle Polizeien der Länder vollumfänglich ausstatten“, sagte der GdP-Chef für den Bereich Bundespolizei, Andreas Roßkopf. Wenn überhaupt, gehe das nur „unter Verantwortung der Bundespolizei“.
Die Bedrohungslage spitzt sich zu: Vor wenigen Wochen waren russische Drohnen in den Luftraum Polens und Rumäniens eingedrungen, in Dänemark kam es zu Überflügen an Flughäfen und über einem Militärstützpunkt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kündigte ein „entschlossenes Vorgehen“ an: „Wir werden es nicht zulassen, dass diese Übergriffe weiter stattfinden.“
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OZD-Kommentar
Deutschland steht an einem Scheideweg. Die Bedrohung durch Drohnen ist keine Theorie, sondern Realität. Von russischen Überflügen im NATO-Gebiet bis zu gesichteten Flugobjekten in Schleswig-Holstein – die Gefahr wächst täglich. Doch statt Klarheit gibt es Kompetenzgerangel zwischen Polizei und Bundeswehr. Dobrindts Vorstoß ist überfällig, aber halbherzig. Ein Gesetz allein reicht nicht. Es braucht endlich – moderne Abwehrsysteme, einheitliche Befehlsstrukturen, klare Einsatzregeln, ein nationales Lagezentrum. Ohne entschlossene Reform droht Deutschland zum blinden Fleck im europäischen Luftraum zu werden. Die Prognose: Zögert die Politik weiter, wird die erste große Drohnenkrise Deutschland unvorbereitet treffen – mit verheerenden Folgen.
Lesermeinung
„Es kann nicht sein, dass wir immer noch diskutieren, während Drohnen über unser Land fliegen. Sicherheit geht vor – und zwar sofort!“ – Stefan Möller, Hamburg
OZD-Analyse
Die Bedrohungslage
a) Drohnen sind längst ein Werkzeug moderner Kriegsführung und hybrider Angriffe.
b) Die Vorfälle in Polen, Rumänien, Dänemark und nun Schleswig-Holstein zeigen: Deutschland ist verwundbar.
c) Die Gefahr reicht von Spionage über Sabotage bis hin zu Terroranschlägen.
Dobrindts Vorstoß
– Änderung des Luftsicherheitsgesetzes
– Amtshilfe-Einsätze der Bundeswehr im Inland
– Schaffung eines Drohnen-Kompetenzzentrums
– Zusammenarbeit mit Israel bei Forschung und Abwehrtechnik
Die Kritik
a) Die Gewerkschaft der Polizei fordert: Stärkung der Bundespolizei statt Bundeswehr-Einsätze.
b) Juristen warnen: Der Abschuss von Drohnen über bewohntem Gebiet birgt unkalkulierbare Risiken.
c) Politisch brisant: Ein Bundeswehreinsatz im Inland ist immer ein Tabuthema in Deutschland.
OZD-Erklärungen
Wer ist Alexander Dobrindt?
Alexander Dobrindt ist CSU-Politiker und seit Anfang 2025 Bundesinnenminister. Er gilt als Vertreter einer harten Sicherheits- und Migrationspolitik.
Was ist das Luftsicherheitsgesetz?
Das deutsche Luftsicherheitsgesetz regelt seit 2005 Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren durch den Luftverkehr. Nach mehreren Urteilen des Bundesverfassungsgerichts ist es umstritten, inwieweit der Staat mit Waffengewalt gegen Flugobjekte im Inland vorgehen darf.
Was bedeutet Amtshilfe?
Amtshilfe beschreibt die Unterstützung einer staatlichen Institution durch eine andere. In Deutschland ist sie zwischen Polizei und Bundeswehr stark reglementiert, um den Einsatz der Armee im Inland zu begrenzen.
Prognose: Deutschland wird in den kommenden Monaten unter Druck geraten, endlich handlungsfähige Strukturen zur Drohnenabwehr aufzubauen. Ohne klare Entscheidungen zwischen Polizei und Bundeswehr droht ein Sicherheitschaos – und ein offenes Einfallstor für Angriffe von außen.
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Titelbild: AFP.