US-Präsident Donald Trump hat erneut mit dem Gedanken gespielt, den sogenannten Insurrection Act anzuwenden – ein über 200 Jahre altes Gesetz, das dem Präsidenten erlaubt, das Militär im Inneren einzusetzen, um Unruhen oder gewaltsame Aufstände zu unterdrücken. Anlass sind anhaltende Spannungen in mehreren US-Städten, in denen die Nationalgarde bereits stationiert wurde.
Trump erklärte im Oval Office, der Insurrection Act existiere „nicht ohne Grund“. Sollte es notwendig sein, werde er ihn „einsetzen, um Ordnung wiederherzustellen“. Der Präsident begründete seine Haltung mit zunehmender Gewalt bei Protesten und mit dem Widerstand demokratisch regierter Bundesstaaten, die den Einsatz der Nationalgarde juristisch anfechten.
Historischer Hintergrund eines Ausnahmegesetzes
Der Insurrection Act stammt aus dem Jahr 1807 und räumt dem Präsidenten weitreichende Befugnisse ein: Er kann das Militär mobilisieren, um innere Unruhen, Aufstände oder bewaffnete Rebellionen zu bekämpfen, wenn lokale Behörden die Lage nicht mehr kontrollieren können. Das Gesetz wurde in der Geschichte nur selten angewandt – zuletzt 1992 von Präsident George H. W. Bush, um die Unruhen in Los Angeles nach dem Freispruch der Polizisten im Fall Rodney King zu beenden. Auch Lyndon B. Johnson griff 1968 darauf zurück, um die Ausschreitungen nach der Ermordung von Martin Luther King Jr. einzudämmen.
Aktuelle politische Brisanz
Trumps Erwägungen treffen auf heftige Kritik – vor allem von Gouverneuren und Bürgermeistern demokratischer Bundesstaaten, die ihm politische Instrumentalisierung des Militärs vorwerfen. In Oregon untersagte ein Bundesgericht bereits zweimal den Einsatz bewaffneter Kräfte in Portland. Auch Illinois klagte gegen die angekündigte Stationierung in Chicago.
Befürworter im republikanischen Lager hingegen argumentieren, der Präsident habe die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, wenn lokale Behörden ihrer Verantwortung nicht nachkämen.
Ein Balanceakt zwischen Sicherheit und Demokratie
Der mögliche Einsatz des Insurrection Act verdeutlicht den Drahtseilakt zwischen staatlicher Ordnung und bürgerlichen Freiheitsrechten. Während Trump sich als Garant für Sicherheit präsentiert, warnen Kritiker vor einer Aushöhlung der Gewaltenteilung und einer Militarisierung der Innenpolitik.
Historisch betrachtet war der Einsatz des Gesetzes immer eine Ultima Ratio – ein Mittel, das in Krisenzeiten Stabilität bringen, aber auch das Vertrauen in zivile Institutionen gefährden kann.
Ob Trump tatsächlich diesen Schritt gehen wird, bleibt offen. Fest steht: Die Diskussion über den Insurrection Act rührt an die Grundfesten des amerikanischen Selbstverständnisses – zwischen föderaler Autonomie, politischer Verantwortung und den Grenzen präsidialer Macht.
OZD
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Bild: AFP